Überblick über ADHS und Enuresis (Einnässen)
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und Enuresis, umgangssprachlich als Bettnässen bekannt, sind häufige Verhaltensstörungen bei Kindern. Diese Störungen treten oft gemeinsam auf und beeinflussen die Lebensqualität im Kindesalter erheblich, wobei sie möglicherweise bis ins Jugend- und Erwachsenenalter andauern können. Ein Verständnis der Beziehung zwischen ADHS und Enuresis ist entscheidend für die Entwicklung wirksamer Behandlungsstrategien.
Prävalenz und Komorbidität
Forschungen zeigen eine signifikante Komorbidität zwischen ADHS und Enuresis. Kinder mit ADHS haben ein erhöhtes Risiko, an Enuresis zu leiden, im Vergleich zu Gleichaltrigen ohne ADHS. Studien weisen auf ein bis zu zweifach höheres Risiko hin [1] [2] [4]. Die Prävalenz von Enuresis bei Kindern mit ADHS liegt in manchen Studien bei 13,6 % im Vergleich zu 0,9 % in Kontrollgruppen ohne ADHS [4]. Diese Verbindung deutet darauf hin, dass beide Störungen gemeinsame Mechanismen oder Risikofaktoren aufweisen könnten.
Risikofaktoren und Demografie
Die Prävalenz von Enuresis ist bei Jungen höher als bei Mädchen und nimmt mit dem Alter ab [3]. ADHS wird stark mit Enuresis in Verbindung gebracht, mit einer Odds Ratio von 2,88, was eine signifikante Wahrscheinlichkeit für ein gemeinsames Auftreten belegt [3]. Trotz der hohen Prävalenz erhält nur ein kleiner Teil der betroffenen Kinder eine Behandlung gegen Enuresis, was auf Defizite im Gesundheitssystem hinweist [3].
Klinische Auswirkungen und weitere Komorbiditäten
Enuresis bei Kindern mit ADHS erhöht nicht das Risiko für zusätzliche psychische Störungen und ist auch nicht mit psychosozialen Belastungen oder entwicklungsbedingter Unreife verbunden [5]. Allerdings zeigt sich bei Kindern ohne ADHS eine Verbindung zu Lernstörungen und eingeschränkter intellektueller Leistungsfähigkeit, die bei Kindern mit ADHS nicht auftritt [5]. Das Vorliegen anderer Verhaltensstörungen wie die oppositionelle Trotzstörung (ODD) könnte bei Kindern mit ADHS ein Prädiktor für Enuresis sein, während andere psychische Störungen keine signifikante Verbindung zeigen [8].
Genetische und hormonelle Faktoren
Genetische Studien haben Loci auf den Chromosomen 6 und 13 identifiziert, die mit nächtlicher Enuresis in Verbindung stehen und eine erbliche Komponente nahelegen [10]. Zudem wurden bei enuretischen Kindern Störungen im Sekretionsmuster des antidiuretischen Hormons (ADH) beobachtet, was zur Pathophysiologie der Störung beitragen könnte [9]. Diese Erkenntnisse weisen auf mögliche therapeutische Ansätze und Forschungsbereiche zu genetischen und hormonellen Grundlagen der Enuresis hin.
Fazit
Das gemeinsame Auftreten von ADHS und Enuresis ist gut dokumentiert und hat wichtige Auswirkungen auf Diagnose und Behandlung. Obwohl die genauen Mechanismen, die diese Störungen miteinander verbinden, noch unklar sind, spielen genetische und hormonelle Faktoren eine Rolle. Weitere Forschungen sind erforderlich, um umfassende Behandlungspläne zu entwickeln, die sowohl ADHS als auch Enuresis adressieren und so die Ergebnisse für betroffene Kinder verbessern.
1. De Sena Oliveira, A., Athanasio, B., Mrad, F., Vasconcelos, M., Albuquerque, M., Miranda, D., & Silva, A. Attention deficit and hyperactivity disorder and nocturnal enuresis co-occurrence in the pediatric population: a systematic review and meta-analysis. Pediatric Nephrology. 2021; 36. https://doi.org/10.1007/s00467-021-05083-y
2. Mellon, M., Natchev, B., Katusic, S., Colligan, R., Weaver, A., Voigt, R., & Barbaresi, W. Incidence of enuresis and encopresis among children with attention-deficit/hyperactivity disorder in a population-based birth cohort.. Academic pediatrics. 2013; 13 4. https://doi.org/10.1016/j.acap.2013.02.008
3. Shreeram, S., He, J., Kalaydjian, A., Brothers, S., & Merikangas, K. Prevalence of enuresis and its association with attention-deficit/hyperactivity disorder among U.S. children: results from a nationally representative study.. Journal of the American Academy of Child and Adolescent Psychiatry. 2009; 48 1. https://doi.org/10.1097/CHI.0b013e318190045c
4. Aljabri, B., Alsolami, J., Alnakhli, A., Ahmed, A., & Alsharief, A. Prevalence of Enuresis in Children, Adolescents, and Young Adults Diagnosed With Attention Deficit Hyperactivity Disorder. Cureus. 2024; 16. https://doi.org/10.7759/cureus.55073
5. Biederman, J., Santangelo, S., Faraone, S., Kiely, K., Guite, J., Mick, E., Reed, E., Kraus, I., Jellinek, M., & Perrin, J. Clinical correlates of enuresis in ADHD and non-ADHD children.. Journal of child psychology and psychiatry, and allied disciplines. 1995; 36 5. https://doi.org/10.1111/J.1469-7610.1995.TB01334.X
6. Ghanizadeh, A. Comorbidity of Enuresis in Children With Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder. Journal of Attention Disorders. 2010; 13. https://doi.org/10.1177/1087054709332411
7. Fatouh, A., Motawie, A., Al-Aziz, A., Hamed, H., Awad, M., El-Ghany, A., Bassyouni, H., Shehab, M., & Eid, M. Anti-diuretic hormone and genetic study in primary nocturnal enuresis.. Journal of pediatric urology. 2013; 9 6 Pt A. https://doi.org/10.1016/j.jpurol.2012.11.009
8. Jørgensen, C., Horsdal, H., Rajagopal, V., Grove, J., Als, T., Kamperis, K., Nyegaard, M., Walters, G., Eðvarðsson, V., Stefánsson, H., Nordentoft, M., Hougaard, D., Werge, T., Mors, O., Mortensen, P., Agerbo, E., Rittig, S., Stefánsson, K., Børglum, A., Demontis, D., & Christensen, J. Identification of genetic loci associated with nocturnal enuresis: a genome-wide association study.. The Lancet. Child & adolescent health. 2021 https://doi.org/10.1016/S2352-4642(20)30350-3