ADHS und Alkoholsucht

Die Beziehung zwischen Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und Alkoholsucht (Alkoholkonsumstörungen, AUD) ist komplex und bidirektional. Beide Störungen zeigen eine signifikante genetische Überlappung und beeinflussen sich gegenseitig in ihrer Entwicklung und Ausprägung.

Prävalenz und Risikofaktoren

Studien zeigen, dass ADHS ein bedeutender Risikofaktor für die Entwicklung von Alkoholkonsumstörungen ist. Bis zu 43% der Personen mit ADHS entwickeln eine AUD, während etwa 20% der Erwachsenen mit AUD auch ADHS haben, was jedoch oft nicht erkannt und behandelt wird [1] [3] [4].

Die Prävalenz von ADHS bei alkoholabhängigen Patienten variiert, wobei Schätzungen zwischen 13,5% und 33,3% liegen, abhängig von der verwendeten Diagnosemethode [5] [6].

Genetische und Neurobiologische Faktoren

ADHS und AUD teilen genetische Faktoren, insbesondere in den Bereichen der glutamatergen und katecholaminergen Neurotransmission. Diese genetische Überlappung kann das Risiko für die Entwicklung von AUD bei Personen mit ADHS erhöhen [1].

Psychiatrische Komorbiditäten

Personen mit ADHS und AUD zeigen häufig eine erhöhte Komorbidität mit anderen psychiatrischen Störungen, einschließlich Angststörungen, Depressionen und Persönlichkeitsstörungen. Diese Komorbiditäten können die Behandlung und das Management beider Störungen erschweren [3] [5] [6].

Soziale und Verhaltensfaktoren

Soziale Faktoren, wie der Alkoholkonsum von Freunden, spielen eine wichtige Rolle bei der Eskalation des Alkoholkonsums bei Jugendlichen mit ADHS. Diese sozialen Einflüsse sind bei Jugendlichen mit ADHS stärker ausgeprägt als bei ihren Altersgenossen ohne ADHS [7].
Impulsives Verhalten und ein maladaptives Belohnungssystem machen Personen mit ADHS anfälliger für riskantes Verhalten und Alkoholkonsum [1].

Behandlung und Prävention

Die Behandlung von ADHS bei Personen mit AUD erfordert eine Kombination aus medikamentöser Therapie (z.B. langwirksame Stimulanzien oder Nicht-Stimulanzien) und Psychotherapie. Eine integrierte Behandlung, die auch andere komorbide Störungen berücksichtigt, ist entscheidend [1].
Frühe Diagnose und Therapie von ADHS sind wichtig, um die Entwicklung von Suchterkrankungen zu verhindern. Routinemäßige Screenings auf ADHS bei Patienten mit AUD könnten helfen, unterdiagnostizierte Fälle zu identifizieren und zu behandeln [9] [10].

ADHS und Alkoholsucht in der Gesamtschau

Die enge Verbindung zwischen ADHS und Alkoholsucht erfordert ein umfassendes Verständnis der genetischen, sozialen und psychologischen Faktoren, die beide Störungen beeinflussen. Eine frühzeitige und gezielte Intervention kann helfen, die negativen Auswirkungen dieser Komorbidität zu minimieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

Wissenschaftliche Untersuchungen zur Verbindung von ADHS und Alkoholsucht

1. Luderer, M., Quiroga, J., Faraone, S., Zhang-James, Y., & Reif, A. Alcohol use disorders and ADHD. Neuroscience & Biobehavioral Reviews. 2021; 128. https://doi.org/10.1016/j.neubiorev.2021.07.010

2. Roncero, C., Ortega, L., Pérez-Pazos, J., Lligoña, A., Abad, A., Gual, A., Sorribes, M., Grau-López, L., Casas, M., & Daigre, C. Psychiatric Comorbidity in Treatment-Seeking Alcohol Dependence Patients With and Without ADHD. Journal of Attention Disorders. 2019; 23. https://doi.org/10.1177/1087054715598841

3. Luderer, M., Sick, C., Kaplan-Wickel, N., Reinhard, I., Richter, A., Kiefer, F., & Weber, T. Prevalence Estimates of ADHD in a Sample of Inpatients With Alcohol Dependence. Journal of Attention Disorders. 2020; 24. https://doi.org/10.1177/1087054717750272

4. Roberto, A., & Palhavã, F. Adult Adhd Screening in Alcohol-dependent Patients. European Psychiatry. 2015; 30. https://doi.org/10.1016/S0924-9338(15)31900-3

5. Garreta, L., Lligoña, A., Roncero, C., Ortega, L., Daigre, C., Walther, M., Navarro, E., Jimenez, T., Gual, T., & Casas, M. ADHD in alcoholism: A real problem?. European Psychiatry. 2011; 26. https://doi.org/10.1016/S0924-9338(11)71785-0

6. Belendiuk, K., Pedersen, S., King, K., Pelham, W., & Molina, B. Change over time in adolescent and friend alcohol use: Differential associations for youth with and without childhood attention-deficit/hyperactivity disorder (ADHD).. Psychology of addictive behaviors : journal of the Society of Psychologists in Addictive Behaviors. 2016; 30 1. https://doi.org/10.1037/adb0000117

7. Ohlmeier, M., Peters, K., Kordon, A., Seifert, J., Wildt, B., Wiese, B., Ziegenbein, M., Emrich, H., & Schneider, U. Nicotine and alcohol dependence in patients with comorbid attention-deficit/hyperactivity disorder (ADHD).. Alcohol and alcoholism. 2007; 42 6. https://doi.org/10.1093/ALCALC/AGM069

8. Ohlmeier, M., Peters, K., Wildt, B., Zedler, M., Ziegenbein, M., Wiese, B., Emrich, H., & Schneider, U. Comorbidity of alcohol and substance dependence with attention-deficit/hyperactivity disorder (ADHD).. Alcohol and alcoholism. 2008; 43 3. https://doi.org/10.1093/alcalc/agn014