ADHS und Cannabis

Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine neuroentwicklungsbedingte Störung, die häufig mit einem erhöhten Risiko für Substanzgebrauch, einschließlich Cannabis, verbunden ist. Die Beziehung zwischen ADHS und Cannabisgebrauch ist komplex und wird durch genetische, psychologische und soziale Faktoren beeinflusst.

Genetische und Kausale Zusammenhänge

Studien zeigen, dass es eine genetische Überlappung zwischen ADHS und Cannabisgebrauch gibt. Die Heritabilität von ADHS wird auf 70-80% geschätzt, während die Initiierung des Cannabisgebrauchs eine Heritabilität von 40-48% aufweist. Eine genetische Korrelation zwischen ADHS und Cannabisgebrauch wurde festgestellt, und es gibt Hinweise darauf, dass ADHS kausal für den lebenslangen Cannabisgebrauch ist, mit einem erhöhten Risiko für Cannabisgebrauch bei Personen mit ADHS [1].

Wahrnehmung und Selbstmedikation

Es gibt eine weit verbreitete Wahrnehmung, dass Cannabis therapeutische Effekte auf ADHS haben könnte, obwohl es keine klinischen Empfehlungen gibt, die diese Ansicht unterstützen. Online-Diskussionen zeigen, dass viele Menschen Cannabis als hilfreich für die Behandlung von ADHS-Symptomen betrachten, obwohl es auch Berichte über schädliche Effekte gibt [2]. Einige Personen mit ADHS berichten, dass Cannabis akute positive Effekte auf Symptome wie Hyperaktivität und Impulsivität hat und die Nebenwirkungen von ADHS-Medikamenten lindern kann [3].

Auswirkungen auf die Neuroentwicklung

Die Auswirkungen von Cannabis auf die Gehirnentwicklung bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit ADHS sind noch nicht vollständig verstanden. Einige Studien haben Unterschiede in der Gehirnaktivierung und -struktur bei Cannabisnutzern mit ADHS festgestellt, jedoch gibt es keine klaren Beweise für eine Verschlechterung der neuropsychologischen Funktionen durch Cannabisgebrauch in dieser Population [7].

Klinische Implikationen und Herausforderungen

ADHS ist in der Population, die eine Behandlung für Cannabisgebrauchsstörungen sucht, hochprävalent, was auf eine enge Verbindung zwischen beiden hinweist [5]. Die Selbstmedikationstheorie wird durch einige Studien unterstützt, die darauf hinweisen, dass Cannabisgebrauch bei einigen Erwachsenen mit ADHS zu einer Reduktion der Symptome führen kann, obwohl die Beweise nicht schlüssig sind [6]. Die Forschung zeigt, dass häufiger Cannabisgebrauch mit einer Zunahme von impulsiven und hyperaktiven Symptomen verbunden ist, was die Notwendigkeit unterstreicht, diese Faktoren bei der Entwicklung von Interventionen zu berücksichtigen [8].

ADHS und Cannabis in der Gesamtschau

Die Beziehung zwischen ADHS und Cannabisgebrauch ist vielschichtig und erfordert weitere Forschung, um die genetischen, psychologischen und sozialen Faktoren besser zu verstehen, die diese Verbindung beeinflussen. Während einige Personen mit ADHS Cannabis als hilfreich empfinden, gibt es keine ausreichenden wissenschaftlichen Beweise, um den therapeutischen Gebrauch von Cannabis bei ADHS zu unterstützen. Zukünftige Studien sollten sich auf die langfristigen Auswirkungen von Cannabis auf die Gehirnentwicklung und die klinischen Ergebnisse bei Personen mit ADHS konzentrieren.

Wissenschaftliche Studien zu ADHS und Cannabis

1. Artigas, S., Sánchez-Mora, C., Rovira, P., Richarte, V., Garcia-Martínez, I., Pagerols, M., Demontis, D., Stringer, S., Vink, J., Børglum, A., Neale, B., Franke, B., Faraone, S., Casas, M., Ramos-Quiroga, J., & Ribasés, M. Attention-deficit/hyperactivity disorder and lifetime cannabis use: genetic overlap and causality. Molecular Psychiatry. 2019 https://doi.org/10.1038/s41380-018-0339-3

2. Mitchell, J., Sweitzer, M., Tunno, A., Kollins, S., & McClernon, F. “I Use Weed for My ADHD”: A Qualitative Analysis of Online Forum Discussions on Cannabis Use and ADHD. PLoS ONE. 2016; 11. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0156614

3. Stueber, A., & Cuttler, C. Self-Reported Effects of Cannabis on ADHD Symptoms, ADHD Medication Side Effects, and ADHD-Related Executive Dysfunction. Journal of Attention Disorders. 2021; 26. https://doi.org/10.1177/10870547211050949

4. Notzon, D., Pavlicova, M., Glass, A., Mariani, J., Mahony, A., Brooks, D., & Levin, F. ADHD Is Highly Prevalent in Patients Seeking Treatment for Cannabis Use Disorders. Journal of Attention Disorders. 2020; 24. https://doi.org/10.1177/1087054716640109

5. Cooper, R., Williams, E., Seegobin, S., Tye, C., Kuntsi, J., & Asherson, P. Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial. European Neuropsychopharmacology. 2016; 27. https://doi.org/10.1016/j.euroneuro.2017.05.005

6. Cawkwell, P., Hong, D., & Leikauf, J. Neurodevelopmental Effects of Cannabis Use in Adolescents and Emerging Adults with ADHD: A Systematic Review. Harvard Review of Psychiatry. 2021; 29. https://doi.org/10.1097/HRP.0000000000000303

7. Petker, T., Ferro, M., Van Ameringen, M., Murphy, J., & Mackillop, J. Daily, but not occasional, cannabis use is selectively associated with more impulsive delay discounting and hyperactive ADHD symptoms in binge-drinking young adults. Psychopharmacology. 2021; 238. https://doi.org/10.1007/s00213-021-05781-3