ADHS und Schwierigkeiten mit Empathie

Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine häufige neuroentwicklungsbedingte Störung, die oft mit sozialen und emotionalen Herausforderungen einhergeht. Ein Bereich, der bei Personen mit ADHS beeinträchtigt sein kann, ist die Empathie, die Fähigkeit, die Gefühle anderer zu verstehen und darauf zu reagieren.

Empathiedefizite bei ADHS

Kinder mit ADHS zeigen im Vergleich zu gesunden Kontrollen signifikant niedrigere Werte in selbstberichteter Empathie und in Aufgaben zur Erkennung von sozialen Fauxpas [1] [4]. Diese Defizite betreffen sowohl die kognitive als auch die affektive Empathie [3] [7].
Studien zeigen, dass Kinder mit ADHS weniger empathische Reaktionen aufweisen und Schwierigkeiten haben, Emotionen in sich selbst und anderen zu erkennen und zu interpretieren [5] [9].

Einfluss von Komorbiditäten

Bei Kindern mit ADHS und komorbiden Störungen wie der Disruptiven Stimmungsdysregulationsstörung (DMDD) sind die Empathiefähigkeiten noch stärker beeinträchtigt. Diese Kinder zeigen schlechtere Leistungen in der Theory of Mind und Empathie im Vergleich zu Kindern mit nur ADHS oder gesunden Kontrollen [2].
Auch bei Erwachsenen mit sozialer Angststörung und komorbidem ADHS sind die Empathiewerte niedriger, was auf die Rolle von ADHS-Symptomen bei der Beeinträchtigung der Empathie hinweist [6].

Wirkung von Methylphenidat

Die Behandlung mit Methylphenidat (MPH) kann die empathischen Fähigkeiten von Kindern mit ADHS verbessern. Insbesondere die affektive Empathie zeigt nach der Behandlung signifikante Verbesserungen, während die kognitive Empathie weniger stark beeinflusst wird [3] [4].
MPH verbessert die Fähigkeit zur Erkennung von Emotionen und reduziert Fehler bei der Erkennung von Gesichtsausdrücken wie Wut und Traurigkeit [4].

Neurobiologische Aspekte

Studien zeigen, dass bei Jugendlichen mit ADHS strukturelle Unterschiede im Gehirn bestehen, die mit emotionaler Empathie in Verbindung stehen. Diese Unterschiede betreffen Bereiche wie den linken posterioren Insular- und supramarginalen Kortex [7].
Es gibt keine signifikante Korrelation zwischen Empathie und Gehirnstruktur bei ADHS, was auf eine komplexe Beziehung zwischen neurobiologischen Faktoren und empathischen Fähigkeiten hinweist [7].

Schlussfolgerung

Personen mit ADHS haben oft Schwierigkeiten mit Empathie, die durch komorbide Störungen und neurobiologische Faktoren weiter verschärft werden können. Die Behandlung mit Stimulanzien wie Methylphenidat kann einige dieser Defizite mildern, insbesondere im Bereich der affektiven Empathie. Ein besseres Verständnis der neuropsychologischen Entwicklung von Empathie und ihrer Beziehung zu ADHS kann zur Verbesserung therapeutischer Ansätze beitragen.

Wissenschaftliche Studien

1. Maoz, H., Gvirts, H., Sheffer, M., & Bloch, Y. Theory of Mind and Empathy in Children With ADHD. Journal of Attention Disorders. 2019; 23. https://doi.org/10.1177/1087054717710766

2. Özyurt, G., Öztürk, Y., Tufan, A., Akay, A., & İnal, N. Differential Effects of Disruptive Mood Dysregulation Disorder Comorbidity in Attention Deficit Hyperactivity Disorder on Social Cognition and Empathy. Journal of Attention Disorders. 2023; 28. https://doi.org/10.1177/10870547231215516

3. Fantozzi, P., Muratori, P., Caponi, M., Levantini, V., Nardoni, C., Pfanner, C., Ricci, F., Sesso, G., Tacchi, A., Milone, A., & Masi, G. Treatment with Methylphenidate Improves Affective but Not Cognitive Empathy in Youths with Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder. Children. 2021; 8. https://doi.org/10.3390/children8070596

4. Gumustas, F., Yılmaz, I., Yulaf, Y., Gokce, S., & Sabuncuoğlu, O. Empathy and Facial Expression Recognition in Children With and Without Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder: Effects of Stimulant Medication on Empathic Skills in Children with Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder.. Journal of child and adolescent psychopharmacology. 2017; 27 5. https://doi.org/10.1089/cap.2016.0052

5. Braaten, E., & Rosén, L. Self-regulation of affect in attention deficit-hyperactivity disorder (ADHD) and non-ADHD boys: differences in empathic responding.. Journal of consulting and clinical psychology. 2000; 68 2. https://doi.org/10.1037/0022-006X.68.2.313

6. Umutlu, D., Memis, C., Umutlu, Y., Sevinçok, D., & Sevinçok, L. Empathy in Social Anxiety Disorder: The Association with Attention Deficit Hyperactivity Disorder. Psychiatry. 2021; 85. https://doi.org/10.1080/00332747.2021.1952034

7. Lee, J., Son, J., Kim, S., Kim, J., Chung, S., Ghim, H., Lee, S., Shin, C., & Ju, G. Disrupted Association Between Empathy and Brain Structure in Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder. Journal of the Korean Academy of Child and Adolescent Psychiatry. 2021; 32. https://doi.org/10.5765/jkacap.210009

8. Deschamps, P., Deschamps, P., Schutter, D., Kenemans, J., Matthys, W., & Matthys, W. Empathy and prosocial behavior in response to sadness and distress in 6- to 7-year olds diagnosed with disruptive behavior disorder and attention-deficit hyperactivity disorder. European Child & Adolescent Psychiatry. 2014; 24. https://doi.org/10.1007/s00787-014-0535-x