Neurobiologische Grundlagen bei ADHS
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine komplexe neuropsychiatrische Erkrankung, die durch eine Vielzahl von genetischen und umweltbedingten Faktoren beeinflusst wird. Diese Faktoren führen zu strukturellen und funktionellen Veränderungen im Gehirn, die mit den Symptomen von ADHS in Verbindung stehen.
Strukturelle und funktionelle Gehirnveränderungen
Studien zeigen, dass das Gehirn von Kindern mit ADHS im Vergleich zu Kontrollgruppen signifikant kleiner ist. Besonders betroffen sind der präfrontale Kortex, die Basalganglien und das Kleinhirn. Es gibt Hinweise auf eine reduzierte Konnektivität in den weißen Substanzbahnen in diesen Schlüsselbereichen des Gehirns [1] [3] [7].
Neuroimaging-Studien deuten darauf hin, dass die Veränderungen in der Gehirnstruktur und -funktion bis ins Erwachsenenalter bestehen bleiben, obwohl es eine Tendenz zur Verbesserung der Pathologie des Nucleus caudatus geben kann [3] [5].
Dysregulierte Myelinisierung und Veränderungen in der neuronalen Plastizität könnten eine Rolle bei der Entstehung und Persistenz von ADHS spielen [6].
Neurotransmitter und neurochemische Grundlagen
Dopamin und Noradrenalin sind die Hauptneurotransmitter, die mit der Pathophysiologie von ADHS in Verbindung gebracht werden. Veränderungen in den Transportern dieser Neurotransmitter und genetische Mutationen sind häufig bei Patienten mit ADHS zu finden [2] [4] [7].
Die Dysregulation des Dopaminsystems, insbesondere die veränderte Reaktion auf Verstärkung, spielt eine zentrale Rolle bei den Symptomen von ADHS. Methylphenidat könnte helfen, das vorgeschlagene Defizit im Dopamintransfer zu kompensieren [2] [4].
Genetische und umweltbedingte Faktoren
ADHS hat eine starke genetische Komponente mit einer Erblichkeit von etwa 60-75%. Viele Gene mit kleinen individuellen Effekten interagieren mit Umweltfaktoren, um die Anfälligkeit für ADHS zu erhöhen [4] [8].
Genetische Studien haben 105 Gene identifiziert, die mit ADHS in Verbindung stehen, wobei einige von ihnen in biologischen Netzwerken angereichert sind, die mit der Synthese von Stickstoffmonoxid und alpha-1-adrenergen Signalwegen verbunden sind [8].
Behandlung und therapeutische Ansätze
Stimulanzien wie Methylphenidat sind die wirksamsten psychopharmakologischen Behandlungen für ADHS. Diese Medikamente können die neuroplastischen Prozesse verbessern und somit positive Effekte auf die neuropathologischen Veränderungen bei ADHS haben [1] [3] [10].
Eine umfassende Behandlungsstrategie sollte neben der medikamentösen Therapie auch psychosoziale, verhaltensbezogene und pädagogische Interventionen umfassen [1].
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ADHS eine komplexe Störung mit vielfältigen neurobiologischen Grundlagen ist, die sowohl genetische als auch umweltbedingte Faktoren umfasst. Die Forschung zeigt, dass strukturelle und funktionelle Gehirnveränderungen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Dopaminsystem, eine zentrale Rolle spielen. Zukünftige Studien könnten dazu beitragen, die pathophysiologischen Mechanismen weiter zu klären und die Behandlungsmöglichkeiten zu verbessern.
Wissenschaftliche Studien zu ADHS und den neurobiologischen Grundlagen
1. Curatolo, P., D’agati, E., & Moavero, R. The neurobiological basis of ADHD. Italian Journal of Pediatrics. 2010; 36. https://doi.org/10.1186/1824-7288-36-79
2. Tripp, G., & Wickens, J. Neurobiology of ADHD. Neuropharmacology. 2009; 57. https://doi.org/10.1016/j.neuropharm.2009.07.026
3. Kašpárek, T., Theiner, P., & Filová, A. Neurobiology of ADHD From Childhood to Adulthood. Journal of Attention Disorders. 2015; 19. https://doi.org/10.1177/1087054713505322
4. Cortese, S. The neurobiology and genetics of Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder (ADHD): what every clinician should know.. European journal of paediatric neurology : EJPN : official journal of the European Paediatric Neurology Society. 2012; 16 5. https://doi.org/10.1016/j.ejpn.2012.01.009
5. Alexander, L., & Farrelly, N. Attending to adult ADHD: a review of the neurobiology behind adult ADHD. Irish Journal of Psychological Medicine. 2017; 35. https://doi.org/10.1017/ipm.2017.78
6. Lesch, K. Editorial: Can dysregulated myelination be linked to ADHD pathogenesis and persistence?. Journal of child psychology and psychiatry, and allied disciplines. 2019; 60 3. https://doi.org/10.1111/jcpp.13031
7. Mehta, T., Monegro, A., Nene, Y., Fayyaz, M., & Bollu, P. Neurobiology of ADHD: A Review. Current Developmental Disorders Reports. 2019; 6. https://doi.org/10.1007/s40474-019-00182-w
8. Hayman, V., & Fernandez, T. Genetic Insights Into ADHD Biology. Frontiers in Psychiatry. 2018; 9. https://doi.org/10.3389/fpsyt.2018.00251
9. Tuura, R., Mehta, M., Asherson, P., Zelaya, F., Brookes, K., Toone, B., Alsop, D., & Williams, S. Increased cerebral perfusion in adult attention deficit hyperactivity disorder is normalised by stimulant treatment: A non-invasive MRI pilot study. NeuroImage. 2008; 42. https://doi.org/10.1016/j.neuroimage.2008.04.169