Fehleranfälligkeit der Diagnostik adulter ADHS

Die Diagnose von ADHS bei Erwachsenen ist komplex und mit mehreren Herausforderungen verbunden. Diese Schwierigkeiten resultieren aus der Ähnlichkeit der Symptome mit anderen psychiatrischen Störungen, dem Fehlen standardisierter Diagnosekriterien und der oft heterogenen Symptompräsentation.

Hauptprobleme bei der Diagnose

Ähnlichkeit mit anderen Störungen: Symptome von ADHS bei Erwachsenen überschneiden sich häufig mit anderen psychischen Erkrankungen wie bipolaren Störungen, was zu Fehldiagnosen führen kann (Askri et al., 2023; Barbosa & Guedes, 2022).

Fehlende standardisierte Kriterien

Es gibt keinen Konsens über die diagnostischen Kriterien für ADHS bei Erwachsenen. Die DSM-Kriterien sind nicht speziell für Erwachsene validiert und berücksichtigen nicht die entwicklungsbedingten Unterschiede in der Symptomatik (McGough & Barkley, 2004; Sibley, 2021).

Subjektivität der Symptome

Die Symptome von ADHS sind oft subjektiv und können mit einer Vielzahl anderer mentaler, verhaltensbezogener und physischer Störungen geteilt werden, was die Diagnose erschwert (Sibley, 2021; Asherson et al., 2012).

Diagnostische Ansätze

Klinische Interviews und Skalen

Klinische Interviews haben eine hohe Sensitivität, aber niedrige Spezifität. Skalen wie die CAARS können helfen, die Spezifität zu erhöhen (Askri et al., 2023).

Empirisch informierte Leitlinien

Ein systematischer, gestufter Diagnoseprozess, der strukturierte Interviews, Informantenbewertungen und die Berücksichtigung alternativer Erklärungen umfasst, kann die Diagnosegenauigkeit verbessern (Sibley, 2021).

Differentialdiagnose

Es ist wichtig, ADHS in die Differentialdiagnose einzubeziehen, insbesondere bei jungen Erwachsenen mit sozialen, familiären oder akademischen Beeinträchtigungen (Laynez et al., 2024).

Herausforderungen und Empfehlungen

Komorbiditäten

Die Präsenz von Komorbiditäten wie bipolaren Störungen erfordert eine sorgfältige Abgrenzung, um eine effektive Behandlung zu gewährleisten (Barbosa & Guedes, 2022).

Kulturelle Einflüsse

Kulturelle und soziale Perspektiven können die Diagnose beeinflussen und sollten berücksichtigt werden, um die Anerkennung der Störung zu verbessern (Asherson et al., 2012).

Fehleranfälligkeit der Diagnostik adulter ADHS in der Gesamtschau

Die Diagnose von ADHS bei Erwachsenen ist aufgrund der symptomatischen Überschneidungen mit anderen Störungen und der fehlenden standardisierten Kriterien herausfordernd. Ein systematischer, empirisch gestützter Ansatz kann die Diagnosegenauigkeit verbessern und Fehldiagnosen reduzieren. Es ist wichtig, ADHS in die Differentialdiagnose einzubeziehen und kulturelle Faktoren zu berücksichtigen, um die Anerkennung und Behandlung der Störung zu verbessern.

Studienlage

Askri, F., Aissa, A., Jedda, S., Zgueb, Y., & Ouali, U. (2023). The diagnostic issues of Adult attention deficit hyperactivity disorder (ADHD): A systematic literature review. European Psychiatry, 66, S952 – S952.

McGough, J., & Barkley, R. (2004). Diagnostic controversies in adult attention deficit hyperactivity disorder.. The American journal of psychiatry, 161 11, 1948-56.

Sibley, M. (2021). Empirically-informed guidelines for first-time adult ADHD diagnosis. Journal of Clinical and Experimental Neuropsychology, 43, 340 – 351.

Barbosa, M., & Guedes, R. (2022). Adult attention-deficit/hyperactivity disorder and bipolar disorder: diagnostic and management challenges. European Psychiatry, 65, S466 – S467.

Laynez, G., Bravo, G., González, S., & Portilla, O. (2024). The importance of including ADHD in the differential diagnosis in adults. About a case. European Psychiatry.

Asherson, P., Akehurst, R., Kooij, J., Huss, M., Beusterien, K., Sasane, R., Gholizadeh, S., & Hodgkins, P. (2012). Under Diagnosis of Adult ADHD. Journal of Attention Disorders, 16, 20S – 38S.