Diagnostische Verfahren bei ADHS im Detail
Die evidenzbasierte ADHS-Diagnostik basiert auf einem multimodalen Assessment-Konzept, das standardisierte Verfahren mit klinischer Expertise verbindet. Die Diagnosestellung erfolgt anhand international anerkannter Kriterien und erfordert eine systematische Erfassung der Symptomatik in verschiedenen Lebensbereichen.
Standardisierte Diagnostische Verfahren:
Die Auswahl spezifischer Testverfahren orientiert sich an aktuellen Leitlinien und berücksichtigt altersspezifische sowie situative Faktoren.
Strukturierte Interviews
Das Diagnostische Interview bei psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter (Kinder-DIPS) ermöglicht eine systematische Erfassung der ADHS-Symptomatik und relevanter Komorbiditäten. Die standardisierte Durchführung gewährleistet eine hohe diagnostische Reliabilität und erlaubt die Dokumentation entwicklungsspezifischer Besonderheiten.
Rating-Skalen
Validierte Beurteilungsskalen wie die Conners-Skalen (Conners-3) und der DISYPS-III erfassen systematisch Verhaltensauffälligkeiten in verschiedenen Settings:
– Elternversion zur Beurteilung häuslichen Verhaltens
– Lehrerversion für schulische Manifestationen
– Selbstbeurteilungsversion ab dem Jugendalter
– Verlaufsversion für Therapiemonitoring
Neuropsychologische Testverfahren
Standardisierte Leistungstests ermöglichen die objektive Erfassung spezifischer Funktionsbereiche:
– TAP/KiTAP zur Messung verschiedener Aufmerksamkeitskomponenten
– HAWIK-V für die Analyse kognitiver Teilleistungen
– Wisconsin Card Sorting Test zur Erfassung exekutiver Funktionen
Computergestützte Diagnostik:
Continuous Performance Tests
Die computergestützte Erfassung von Aufmerksamkeitsleistungen mittels CPT-Paradigmen bietet reliable Messwerte für Daueraufmerksamkeit, Inhibitionskontrolle und Reaktionsvariabilität. Der QbTest kombiniert dabei Bewegungsmessung mit klassischen CPT-Parametern und ermöglicht die objektive Quantifizierung hyperkinetischer Symptome.
Bewegungsanalyse
Aktigraphische Messverfahren und videobasierte Bewegungsanalysen liefern objektive Daten zur motorischen Aktivität und deren Regulationsfähigkeit. Diese Verfahren erlauben eine präzise Quantifizierung des Bewegungsverhaltens unter standardisierten Bedingungen.
Verhaltensdiagnostische Verfahren:
Systematische Verhaltensbeobachtung
Standardisierte Beobachtungssysteme erfassen das Verhalten in definierten Situationen:
– DOT (Direct Observation Tool) für strukturierte Settings
– BOSCC (Brief Observation of Social Communication Change) für Interaktionsanalysen
– SDO (Systematic Direct Observation) für schulische Kontexte
Interaktionsdiagnostik
Die Analyse von Eltern-Kind-Interaktionen mittels standardisierter Verfahren wie dem Coding Interactive Behavior (CIB) ermöglicht die Erfassung dysfunktionaler Beziehungsmuster und deren Einfluss auf die Symptomausprägung.
Entwicklungsdiagnostische Aspekte:
Entwicklungsanamnese
Die strukturierte Erfassung der Entwicklungsgeschichte mittels standardisierter Anamnesebögen dokumentiert:
– Frühe Entwicklungsmeilensteine
– Temperamentsmerkmale
– Regulationsstörungen
– Vorschulische Adaptation
Meilenstein-Inventare
Standardisierte Entwicklungstests erfassen altersspezifische Kompetenzen:
– ET 6-6 für das Vorschulalter
– BASIC-Pre für schulische Vorläuferfertigkeiten
– DESK 3-6 für institutionelle Entwicklungsscreenings
Psychophysiologische Diagnostik:
Neurophysiologische Marker
EEG-basierte Verfahren ermöglichen die Analyse neurophysiologischer Korrelate:
– Quantitatives EEG zur Analyse der Hirnaktivität
– Event-Related Potentials für kognitive Verarbeitungsprozesse
– Slow Cortical Potentials als Marker der Aufmerksamkeitsregulation
Autonome Parameter
Die Erfassung psychophysiologischer Reaktionsmuster mittels:
– Herzratenvariabilität als Indikator der autonomen Regulation
– Hautleitfähigkeit zur Messung psychophysiologischer Erregung
– Kortisol-Profile zur Evaluation der Stressregulation
Diagnostische Integration:
Multimodale Synthese
Die Integration der verschiedenen diagnostischen Informationen erfolgt anhand standardisierter Algorithmen unter Berücksichtigung:
– Relativer Validität der einzelnen Verfahren
– Situativer und kontextueller Einflussfaktoren
– Entwicklungsspezifischer Besonderheiten
– Komorbider Störungsmuster
Evidenzbasierte Entscheidungsfindung
Die diagnostische Urteilsbildung basiert auf:
– Empirisch validierten Cut-off-Werten
– Standardisierten Entscheidungsbäumen
– Klinischer Expertise in der Interpretation
– Leitlinienkonformen Diagnosekriterien
Qualitätssicherung:
Methodische Standards
Die Implementierung standardisierter Qualitätskriterien umfasst:
– Regelmäßige Reliabilitätsprüfungen
– Validierung der Diagnosestellung
– Systematische Dokumentation
– Externe Qualitätskontrolle
Weiterentwicklung
Die kontinuierliche Optimierung diagnostischer Verfahren erfolgt durch:
– Integration neuer Forschungsbefunde
– Adaptation an veränderte Diagnosekriterien
– Implementierung technologischer Innovationen
– Berücksichtigung kultureller Aspekte
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