ADHS und Parentifizierung
Die Rolle der Eltern bei der Behandlung und Unterstützung von Kindern mit ADHS ist entscheidend, da sie oft mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert sind, die die familiäre Dynamik beeinflussen können. Parentifizierung, bei der Kinder Verantwortung übernehmen, die normalerweise von Erwachsenen getragen wird, kann in Familien mit ADHS eine Rolle spielen.
Herausforderungen und Auswirkungen auf die Familie
Kinder mit ADHS zeigen oft Verhaltensweisen, die zu sozialen und schulischen Beeinträchtigungen führen, was die familiäre Dynamik erheblich belasten kann (Mundal et al., 2020; Zwi et al., 2011). Diese Belastungen können zu einer ungesunden Rollenverteilung innerhalb der Familie führen, bei der Kinder möglicherweise mehr Verantwortung übernehmen, als für ihr Alter angemessen ist.
Elterntraining und Unterstützung
Elterntrainingsprogramme sind eine bewährte Methode, um Eltern Techniken zu vermitteln, mit denen sie das herausfordernde Verhalten ihrer Kinder besser managen können. Diese Programme können die Symptome von ADHS bei Kindern reduzieren und das elterliche Stressniveau senken (Zwi et al., 2011; Shen et al., 2021; Marquet-Doléac et al., 2023). Solche Interventionen können auch das Selbstvertrauen der Eltern stärken und ihre Erziehungskompetenzen verbessern (Zwi et al., 2011; Marquet-Doléac et al., 2023).
Spezifische Programme, wie das STAND-Programm, das auf die Förderung der Autonomie von Jugendlichen abzielt, haben gezeigt, dass sie kurzfristig wirksam sind, obwohl die langfristigen Effekte noch weiter untersucht werden müssen (Sibley et al., 2016; Sibley et al., 2020).
Herausforderungen bei der Einbindung von Vätern
Die Forschung hat gezeigt, dass Väter oft weniger in Elterntrainingsprogramme eingebunden sind als Mütter. Dies kann auf verschiedene Barrieren zurückzuführen sein, wie z.B. die Inhalte der Programme oder spezifische Charakteristika der Väter (Fabiano, 2007). Strategien zur Erhöhung der Beteiligung von Vätern umfassen die Anpassung der Programme an ihre Bedürfnisse und die Einbeziehung von Aktivitäten, die für Väter von direkter Relevanz sind (Fabiano, 2007).
Kulturelle und soziale Faktoren
Studien haben gezeigt, dass kulturelle Unterschiede die Wirksamkeit von Elterntrainingsprogrammen beeinflussen können. Beispielsweise können Programme, die in einem kulturellen Kontext entwickelt wurden, in einem anderen weniger effektiv sein (Sibley et al., 2020; Shen et al., 2021). Daher ist es wichtig, Programme an die spezifischen kulturellen und sozialen Bedürfnisse der Familien anzupassen.
Schlussfolgerung
Eltern von Kindern mit ADHS stehen vor erheblichen Herausforderungen, die die familiäre Dynamik beeinflussen können. Elterntrainingsprogramme bieten wertvolle Unterstützung, um diese Herausforderungen zu bewältigen und die Lebensqualität der Familien zu verbessern. Die Einbindung beider Elternteile, insbesondere der Väter, sowie die Anpassung der Programme an kulturelle und soziale Kontexte sind entscheidend für den Erfolg dieser Interventionen.
Wissenschaftliche Studien zu ADHS und Parentifizierung
Mundal, I., Gråwe, R., Hafstad, H., Cuevas, C., & Lara-Cabrera, M. (2020). Effects of a peer co-facilitated educational programme for parents of children with ADHD: a feasibility randomised controlled trial protocol. BMJ Open, 10. https://doi.org/10.1136/bmjopen-2020-039852
Zwi, M., Jones, H., Thorgaard, C., York, A., & Dennis, J. (2011). Parent training interventions for Attention Deficit Hyperactivity Disorder (ADHD) in children aged 5 to 18 years.. The Cochrane database of systematic reviews, 12, CD003018. https://doi.org/10.1002/14651858.CD003018.pub3
Sibley, M., Graziano, P., Kuriyan, A., Coxe, S., Pelham, W., Rodriguez, L., Sanchez, F., Derefinko, K., Helseth, S., & Ward, A. (2016). Parent-teen behavior therapy + motivational interviewing for adolescents with ADHD.. Journal of consulting and clinical psychology, 84 8, 699-712. https://doi.org/10.1037/ccp0000106
Sibley, M., Rodriguez, L., Coxe, S., Page, T., & Espinal, K. (2020). Parent–Teen Group versus Dyadic Treatment for Adolescent ADHD: What Works for Whom?. Journal of Clinical Child & Adolescent Psychology, 49, 476 – 492. https://doi.org/10.1080/15374416.2019.1585257
Fabiano, G. (2007). Father participation in behavioral parent training for ADHD: review and recommendations for increasing inclusion and engagement.. Journal of family psychology : JFP : journal of the Division of Family Psychology of the American Psychological Association, 21 4, 683-93. https://doi.org/10.1037/0893-3200.21.4.683
Shen, L., Wang, C., Tian, Y., Chen, J., Wang, Y., & Yu, G. (2021). Effects of Parent-Teacher Training on Academic Performance and Parental Anxiety in School-Aged Children With Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder: A Cluster Randomized Controlled Trial in Shanghai, China. Frontiers in Psychology, 12. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2021.733450
Marquet-Doléac, J., Biotteau, M., & Chaix, Y. (2023). Behavioral Parent Training for School-Aged Children With ADHD: A Systematic Review of Randomized Control Trials. Journal of Attention Disorders, 28, 377 – 393. https://doi.org/10.1177/10870547231211595