ADHS und Geschwister von Betroffenen

Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine häufige neuroentwicklungsbedingte Störung, die nicht nur die betroffenen Kinder, sondern auch ihre Familien, insbesondere Geschwister, beeinflusst. Die Forschung hat sich darauf konzentriert, die Auswirkungen von ADHS auf Geschwister zu verstehen, einschließlich der genetischen Risiken, der familiären Dynamik und der psychischen Gesundheit.

Auswirkungen auf die Lebensqualität und das Wohlbefinden

Geschwister von Kindern mit ADHS berichten oft von einer geringeren Lebenszufriedenheit und familiären Zufriedenheit, obwohl ihre eigene gesundheitsbezogene Lebensqualität (HRQoL) nicht konsistent beeinträchtigt ist. Es gibt Hinweise auf erhöhtes Mobbing zwischen Geschwistern in Familien mit einem Kind mit ADHS, was auf eine belastete familiäre Dynamik hinweist [1].

Genetische Risiken und familiäre Aggregation

ADHS zeigt eine starke familiäre Aggregation, wobei Geschwister von betroffenen Kindern ein erhöhtes Risiko haben, selbst ADHS zu entwickeln. Studien zeigen, dass das Risiko für ADHS bei Geschwistern von betroffenen Kindern signifikant höher ist als bei Geschwistern von nicht betroffenen Kindern [2] [3]. Diese genetische Veranlagung wird durch gemeinsame familiäre Mechanismen unterstützt, die auch das Risiko für andere psychiatrische Störungen wie Autismus-Spektrum-Störungen (ASD) erhöhen können [2] [4].

Psychosoziale und neuropsychologische Auswirkungen

Geschwister von Kindern mit ADHS sind einem erhöhten Risiko für Verhaltens-, Stimmungs- und Angststörungen ausgesetzt. Diese Geschwister zeigen oft schulische Misserfolge und neuropsychologische Dysfunktionen, insbesondere wenn sie selbst ADHS haben [6]. Die familiäre Umgebung und die damit verbundenen Herausforderungen können zu diesen psychosozialen Belastungen beitragen.

Qualität der Geschwisterbeziehungen

Die Beziehungen zwischen Geschwistern in Familien mit einem Kind mit ADHS sind oft von erhöhtem Konflikt geprägt. Externe Verhaltensprobleme, die mit ADHS einhergehen, tragen zu weniger Wärme und mehr Konflikten in diesen Beziehungen bei [5]. Diese Dynamik kann die soziale Beeinträchtigung von Kindern mit ADHS weiter verstärken.

Motorische Kontrolle und Endophänotypen

Unbetroffene Geschwister von Kindern mit ADHS zeigen oft Defizite in der motorischen Kontrolle, insbesondere bei Aufgaben, die eine hohe Exekutivfunktion erfordern. Diese Defizite könnten als potenzielle Endophänotypen für genetische Studien dienen, da sie sowohl bei betroffenen als auch bei unbetroffenen Geschwistern auftreten [8] [9].

ADHS und Geschwister in der Gesamtschau

Die Forschung zeigt, dass Geschwister von Kindern mit ADHS nicht nur einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von ADHS und anderen psychiatrischen Störungen ausgesetzt sind, sondern auch psychosoziale und familiäre Herausforderungen erleben. Diese Erkenntnisse unterstreichen die Notwendigkeit, Geschwister in die Unterstützung und Interventionen für Familien mit ADHS einzubeziehen, um ihre Lebensqualität und psychische Gesundheit zu verbessern.

Studien zu ADHS und den Auswirkungen auf Geschwister von Betroffenen

1. Peasgood, T., Bhardwaj, A., Biggs, K., Brazier, J., Coghill, D., Cooper, C., Daley, D., De Silva, C., Harpin, V., Hodgkins, P., Nadkarni, A., Setyawan, J., & Sonuga-Barke, E. The impact of ADHD on the health and well-being of ADHD children and their siblings. European Child & Adolescent Psychiatry. 2016; 25. https://doi.org/10.1007/s00787-016-0841-6

2. Miller, M., Musser, E., Young, G., Olson, B., Steiner, R., & Nigg, J. Sibling Recurrence Risk and Cross-aggregation of Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder and Autism Spectrum Disorder. JAMA Pediatrics. 2019; 173. https://doi.org/10.1001/jamapediatrics.2018.4076

3. Chen, Q., Brikell, I., Lichtenstein, P., Serlachius, E., Kuja-Halkola, R., Sandin, S., & Larsson, H. Familial aggregation of attention‐deficit/hyperactivity disorder. Journal of Child Psychology and Psychiatry. 2017; 58. https://doi.org/10.1111/jcpp.12616

4. Chen, M., Pan, T., Huang, K., Hsu, J., Bai, Y., Su, T., Li, C., Tsai, S., Cheng, C., & Chen, T. Coaggregation of Major Psychiatric Disorders in First-Degree Relatives of Individuals With Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder: A Nationwide Population-Based Study.. The Journal of clinical psychiatry. 2019; 80 3. https://doi.org/10.4088/JCP.18m12371

5. Mikami, A., & Pfiffner, L. Sibling Relationships Among Children With ADHD. Journal of Attention Disorders. 2008; 11. https://doi.org/10.1177/1087054706295670

6. Faraone, S., Biederman, J., Mennin, D., Gershon, J., & Tsuang, M. A prospective four-year follow-up study of children at risk for ADHD: psychiatric, neuropsychological, and psychosocial outcome.. Journal of the American Academy of Child and Adolescent Psychiatry. 1996; 35 11. https://doi.org/10.1097/00004583-199611000-00013

7. Slaats-Willemse, D., Swaab-Barneveld, H., De Sonneville, L., & Buitelaar, J. Familial clustering of executive functioning in affected sibling pair families with ADHD.. Journal of the American Academy of Child and Adolescent Psychiatry. 2005; 44 4. https://doi.org/10.1097/01.CHI.0000153227.34473.C7

8. Rommelse, N., Altink, M., Oosterlaan, J., Buschgens, C., Buitelaar, J., De Sonneville, L., & Sergeant, J. Motor control in children with ADHD and non-affected siblings: deficits most pronounced using the left hand.. Journal of child psychology and psychiatry, and allied disciplines. 2007; 48 11. https://doi.org/10.1111/J.1469-7610.2007.01781.X